Nobel-Preisträger und Saboteur bei G25? 

Oder: Antennenmessungen mit Netzwerkanalysatoren am Einheits-Wochenende

Was haben denn Nobelpreisträger und Saboteure mit unserem Funk-Club zu tun? Nun ja, um das zu erklären, muss ich ein wenig weiter ausholen.

Vor einigen Wochen schlug unser Chef, OVV Werner (DB9MW), mal vor, das lange Wochenende unseres Nationalfeiertages für eine gemütliche Zusammenkunft zum Funken, Grillen und Antennen-Messungen zu nutzen. Es herrschte dann am Einheitstag und dem darauf folgenden Samstag auch reger Besuch der Mitglieder des OVs Siebengebirge und der benachbarten OVs Bad Honnef und Eitorf. Drei OMs brachten kleine Netzwerkanalysatoren mit, die ja heute endlich zu erschwinglichen OM-Preisen zu haben sind.

Zuerst fingen wir mit der Messung unserer Delta-Loop mit Hühnerleiter an. Wir mussten feststellen, dass die ursprünglichen Einstellungen an der von Ralph, DO1KBR, gebauten Matchbox nicht mehr stimmten. Eine erste visuelle Inspektion der Hühnerleiter und der Loop ergaben keine Beanstandungen, und so begannen wir mit den Messungen. Mit den Netzwerkanalysatoren von Jürgen (DC6JN) und Werner (DB9MW) hatten wir die Einstellungen der Bänder 160m bis 10m schnell wieder herausgefunden und zur Bestätigung auch ein paar QSOs gefahren. Speziell auf 80m fiel uns die Schmalbandigkeit der Resonanzkurve auf, aber es funktionierte, ebenfalls ein 160m QSO im Nahbereich.

Als zweite Antenne nahmen wir uns die viel bestaunte kapazitive Rohr-Antenne vom Joseph (DG2KBW) vor. Diese besteht aus einem ca. 1 m langen Aluminium-Rohr mit 50 mm Durchmesser und ein paar Spulen unterhalb des Rohres. Weitere Einzelheiten hierzu sind im Internet auf der Homepage von Arthur Wenzel, DL7AHW, beschrieben. Durch Umstecken einer Brücke und Austausch der Verzögerungsleitung kann diese Antenne für 40m oder
80m betrieben werden. Die Antenne wurde schon von einigen OV-Mitgliedern genutzt und als erstaunlich gut befunden, unter Berücksichtigung der äußerst geringen Abmessungen natürlich. Joseph hatte die Resonanz bereits perfekt in die Mitte des jeweiligen Bandes gelegt, das wir mit den Netzwerkanalysatoren nochmals sehr schön graphisch darstellen konnten.

Als nächsten Schritt nahmen wir uns nun Vergleichsmessungen der Feldstärken für die beiden analysierten Antennen vor. Auf 40m wurde uns bestätigt, dass zwischen Delta-Loop und Rohr-Antenne kaum ein Unterschied zu spüren war, und zwar in Sende- und Empfangsrichtung. Das hatten wir nicht erwartet, aber es liegt im Bereich des Möglichen, wenn die Delta-Loop zufällig eine ungünstige Richtung oder einen ungünstigen Abstrahlwinkel zur Gegenstation gehabt hat.

Dann schalteten wir die Antennen auf 80m, und hier kam dann die große Überraschung: Mehrere Stationen aus verschiedenen Richtungen bescheinigten uns eine mindestens 10 dB bessere Performance der Rohrantenne. Unglaublich aber wahr, der mickrige Rohrstummel von 1 m Länge war um vieles besser als die aufwändige Delta-Loop mit Matchbox, Hühnerleiter und 80 m Drahtlänge!

Wie hatte das der Joseph aus Ittenbach fertiggebracht? Er hatte somit alle derzeitig geltenden physikalischen Gesetze über Bord geworfen. Das hat zuletzt nur Einstein mit seiner Relativitätstheorie geschafft; die bestehende Physik wurde hier um wichtige Dimensionen ergänzt. Was lag hier näher, den Joseph ebenfalls für den Nobelpreis vorzuschlagen? Mit seinen jugendlichen 80 Lenzen wäre das für ihn sicherlich eine schöne Anerkennung, Einstein wäre heute immerhin schon 129 Jahre alt!


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Bei der Diskussion, wie man an das Nobelpreis-Komitee herantreten könnte, wurde auch argumentiert, dass man Joseph´s phänomenale Erfindung vermutlich mathematisch beweisen müsste. Das Komitee könnte unsere S-Meter-Messungen schlimmstenfalls als nicht ausreichende subjektive Messwerte abtun. Trotz der geballten wissenschaftlichen Kompetenzen unserer Mitglieder, bestehend aus Professoren, Diplom-Ingenieuren, Oberstudienräten, Stabsfeldwebeln, Metzgern und Hausfrauen, hatten wir doch alle einige Schwierigkeiten mit dem Erbringen der mathematischen Nachweise dieser phänomenalen deutschen Ingenieurskunst aus Ittenbach.

Karl, DK5EC, erwiderte, dass man auch die eigentlich völlig zu vernachlässigende Möglichkeit noch einmal untersuchen sollte, ob mit der Delta-Loop vielleicht doch etwas nicht in Ordnung sein könnte. Die Zweifel und die eventuelle Blamage vor dem Nobelpreis-Komitee plagten ihn so stark, dass er sich kurzerhand die Alu-Leiter schnappte, auf den Dachboden und anschließend auf das Dach kletterte und alles noch mal genau inspizierte. Alles schien wirklich in Ordnung zu sein. Kurz vor dem Absteigen kam ihm noch die Idee, mal in der Dachdurchführung der Hühnerleiter zu schauen, vielleicht hatte sich genau da etwas verdreht. Er nahm das Gitterchen aus der Lüftungs-Dachpfanne heraus, aber da war nichts verdreht, die Abstände durch die Abstandssprossen wurden auch bei der Durchführung sauber eingehalten. Das Einzige, was auffiel, war die teilweise silbrig glänzende Abstandssprosse, die etwas anders aussah  als die anderen Sprossen. Genau die untersuchte er dann etwas näher.

Er traute seinen Augen nicht mehr, trotz nigelnagelneuer Gleitsichtbrille. Die silbrig glänzende Abstandssprosse war durchgehend aus Aluminium, obwohl versucht worden war, dieses durch schwarzes selbstverschweißendes Isolierband zu verbergen. Die Witterung hatte das Isolierband aber Gott sei Dank ein wenig gelöst, somit kam das silbrige Aluminium zum Vorschein! Die Drähte der Hühnerleiter waren in der Durchführung aufgeschnitten und blank gelegt, die blanken Enden mit der Ersatzsprosse verbunden. Unser Chef Werner machte hiervon erst mal ein paar Fotos, sozusagen als Beweisaufnahme, damit Karl nicht für einen Spinner gehalten wird. Wer glaubt denn schon so etwas?

Da steckte schon einige subversive Energie dahinter, um so etwas fertig zu bringen und einen täuschend ähnlichen Abstandshalter zu fabrizieren. Es wird vermutet, dass der Täter aus irgendeinem Grunde unserem Ortsverband nicht wohl gesonnen war. Der Alu-Abstandshalter wurde sorgsam entfernt und gleich in eine Plastiktüte überführt, um eventuell vorhandene DNA-Spuren zu retten. Für das Mess-Team war es ein richtiger Krimi, deren Aufdeckung viel Spaß bereitete.

Bei einer nächsten Aktion wollen wir mal unseren Hy-Gain TH6 Kurzwellenbeam untersuchen, der uns auch nicht ganz koscher vorkommt. Vielleicht hat sich in den Traps nur ein unschuldiges Spinnlein verirrt, das sich über die fatalen Konsequenzen nicht im Klaren war. Oder erwartet uns da etwa eine ähnlich interessante Überraschung wie bei der Delta-Loop? Wir haben hier zwar die gewünschten Resonanzen für die 3 Bänder, aber die Richtwirkung lässt zu wünschen übrig. Da werden wir mal jeden Sperrkreis einzeln durchmessen und dann noch mal einen neuen Anlauf nehmen.

Aufgrund der überraschenden Ergebnisse dieser kriminal-technischen Untersuchungen werden wir unserem OM Joseph den Beinahe-Nobelpreis vorerst wieder aberkennen bzw. die Einreichung beim Komitee zurückstellen müssen. Vor Einreichung der Testergebnisse beim Nobelpreis-Komitee müssen die Vergleichstests jetzt wiederholt werden. Leider hatte Joseph das Testgelände samt seiner Wunder-Antenne schon verlassen, die Tests müssen auf den nächsten OV-Abend verschoben werden. Einstein hat somit noch mal eine Schonfrist.

 Karl-DK5EC

 

Nachtrag:

Obwohl uns allen die Messaktionen und Fehlersuche sehr viel Spaß gemacht hat, hätte die Sabotage auch ein Fall für den Staatsanwalt werden können. Da die HF-Energie nur zu einem geringem Teil vom externen Delta-Loop, aber hauptsächlich von der Hühnerleiter abgestrahlt wurde, hätte diese Tatsache fatale Folgen haben können. Ein Teil der Hühnerleiter befindet sich im Stationsraum, als frei zugänglich von Klubmitgliedern und Besuchern. Die Hühnerleiter hätte unter bestimmten Bedingungen einige tausend Volt Spannung führen und somit in hohem Maße Menschenleben gefährden können. Gott sei Dank wurde in den letzten Monaten mit der Antenne kein Betrieb gemacht, so daß es zu keinem Schaden gekommen ist.