Balkonterrassen-Bau 2011, mein Meisterstück als Zimmermann

Motivation
Im Jahre 1986 wurde eine große Balkonterrasse an die Südseite meines 1979 erbauten Hauses (Hang-Grundstück) durch eine lokale Firma bzw. Architekten angebaut. In 2004 bemerkte ich beim Begehen eine leichtes Schwingen der Holz-Konstruktion. In der Tat konnte ich bald den Grund hierfür erkennen: Ein wunderschön aussehendes Efeu-Gewächs an einem der 3 Trägerpfosten hatte denselben inzwischen stark angefressen. Den gesamten Schaden konnte ich leider erst erkennen, nachdem ich das Gewächs vollständig entfernt hatte.
Ich bat eine ortsansässige Zimmerei, den Austausch des Pfostens und sonstiger Reparaturen vorzunehmen. Leider ließ sich der Meister nicht bei mir blicken, so dass ich vermuten musste, dass er an dem Auftrag nicht interessiert sei. Ich schaute mir die Sache dann noch mal selbst genau an, und ich beschloss, den Trägerpfosten selbst auszutauschen. Von einem Nachbarn, der in einem Baugeschäft tätig ist, lieh ich mir 3 Stahlstützen, die den Balkon sicherten. Einen 3,50m langen Ersatzbalken besorgte ich mir beim Holzfachhandel, und nach entsprechendem Anstrich und den Bohrungen konnte ich ihn letztendlich mit Unterstützung meines Sohnes gegen den maroden Pfosten austauschen. Die anderen beiden Trägerpfosten, aufgrund der steilen Hanglage um etliches länger, waren noch im guten Zustand, da diese nicht von Efeu bewachsen waren.
2009 bemerkte ich wieder zunehmende Schwingungen, und bei einer eingehenden Untersuchung 2010 musste ich feststellen, dass andere Balkenteile inzwischen erhebliche Fäulnisschäden erlitten hatten, sich ausbreitend wie eine Krankheit von dem ursprünglich vom Efeu zerfressenen Balken. So entschloss ich mich, die gesamte Holzkonstruktion durch eine Fachfirma ersetzen zu lassen. Ich bat wieder, diesmal eine andere lokale Zimmerei, mir ein Angebot über einen kompletten Neubau zu machen. Hier kam der Chef zwar persönlich vorbei und machte Notizen, aber ein Angebot kam innerhalb 4 Wochen nicht. Ich vermutete, dass die Firma schon anderweitig voll ausgelastet war, oder dass aufgrund meines schwierigen Hanggrundstückes ein Angebot schwer zu erstellen war.
Was tun?

Entschluss für den Selbstbau

Als Frischrentner hatte ich eigentlich genügend Zeit, viel selbst zu machen, und handwerklich bin ich auch ein bisschen begabt. Immerhin habe ich schon das ein oder andere Regal und sogar das Balkongeländer zusammengebaut, obwohl meine eigentlichen Stärken mehr bei der Elektronik, Computer und Internet liegen. Außerdem hat mich der Herr mit meinen inzwischen 66 Lenzen mit einer soliden Gesundheit gesegnet. Also waren das doch schon günstige Voraussetzungen für das Vorhaben.
Eigentlich brauchte ich nur die Einzelteile des alten Balkons genau auszumessen, und diese beim Holzhandel zu bestellen. Allerdings hatte ich keine blasse Ahnung, wie ich die Riesen-Teile, 9m lang und sicherlich einige Zentner schwer, auf ihre vorgesehenen Plätze auf bis zu 6m Höhe zu hieven. Mir war klar, ohne Gerüst würde das nicht zu bewerkstelligen sein. Ich schlief erst mal eine Nacht darüber, und entschloss am folgenden Tag, das Projekt, mit meines Sohnes und vor allen Dingen Gottes Hilfe, selbst durchzuziehen. Irgendwie waren nach diesem mutigen Entschluss alle Selbstzweifel wie weggeblasen, und irgendwie freute ich mich auf die bevorstehende Aufgabe.

Vorbereitungen
Die leichteste Übung war der Abbau des Metallgeländers, dass ich selbst 1986 zusammengebaut hatte und entsprechend schnell wieder abbauen konnte. Das Geländer wurde in der Garage zwischengeparkt, und dort mit Metallbürste gereinigt und später neu mit Hammerit gestrichen.
Im nächsten Schritt wurde jedes Teil der alten Holzkonstruktion genau vermessen und mit den Ergebnissen ein Plan angefertigt, siehe unten. Mit diesem Plan konnte ich beim Holzhandel alle benötigten Teile bestellen, die mir dann eine Woche später angeliefert wurden. Beim Entladen der 9m-Balken wurde ich schon kräftig gefordert, irgendwie schaffte ich das zusammen mit meinem Sohn, die 150 kg schweren Trümmer an der Seite des Hauses zwischenzulagern. Dank meiner kleinen, aber kräftigen Statur habe ich das ohne Rückenschäden bewerkstelligen können. Vom Baumarkt wurden erstmal einige Eimer wetterfeste Holzlasur mit eingebauten Blaupilz-Schutz besorgt. Einige Balken wurden zuerst noch zurechtgesägt, z.B. Schlitze der Trägerpfosten für den Aufsatz auf den Stahldorn, dann mit der Lasur angestrichen. Inzwischen waren wir auch schon im Dezember angekommen, aber die Temperaturen waren mit 8 Grad gerade noch ausreichend warm, um den Anstrich machen zu können.

Bauplan
Im Folgenden ist die Teileliste und der Bauplan mit Vorder-, Seiten- und Draufsicht dargestellt. Nicht ersichtlich sind die Betonfundamente der senkrechten Träger dargestellt, die hier von der alten Konstruktion weiterverwendet wurden. Weitere Einzelheiten sind den Fotos weiter unten zu entnehmen.

 

Beschaffung und Aufbau des Gerüstes
Schließlich musste noch ein Gerüst angeschafft werden. Ich machte mich im Internet schlau, da hätte ich schon Standardgerüste für € 200.- pro Monat haben können, plus Transportkosten, plus Aufbaukosten. Ein Nachbar hat für sein Standard-Gerüst € 900.- für alles zahlen müssen. Bei mir war die Lage ziemlich schwierig: ich benötigte ein Gerüst ca. 10 lang, 6 m hoch, und 3 m breit, das in etwa die Maße des Balkons sind. Außerdem muss das Ganze auf einem Höhenunterschied von 2 m aufgebaut werden. Mit einem Standardgerüst ist das gar nicht machbar. Da war ich erstmal ratlos. Aber hier kamen mir mehrere Zufälle zu Hilfe. Erstmal setzte nun das lange Winterwetter mit viel Schnee ein, somit musste ich die Anmietung eines Gerüstes ohnehin verschieben. Und diese unfreiwillige Verschiebung war in der Tat ein Glücksfall, denn im März 2011 las ich eine kleine Anzeige am schwarzen Brett unseres nahe gelegenen Supermarktes, in der ein Gerüst für einen moderaten Preis zum Verkauf angeboten wurde. Normalerweise gehe ich da eher selten hin, und die Anzeigen interessieren mich nicht. Aber irgendwie warf ich doch mal einen Blick darauf, und das war ein Volltreffer! Der Verkäufer wohnte nur 1 km von mir entfernt, und das Gerüst war genau das, was ich für meine schwierige Hanglage benötigte. Es waren keine Standardrahmen, sondern alles war variabel einstellbar, ein wahrer Traum. Mein Funkfreund Heinz brachte die ganze Ladung mit seinem kleinen Anhänger innerhalb kurzer Zeit zu mir nach Hause, es war ja nicht weit. Zwei Wochen später wurde mit Aufbau des Gerüsts begonnen, wobei sich der Vorbesitzer dankenswerterweise als Ratgeber sogar mit einsetzte. Dafür noch mal recht herzlichen Dank an die Bellinghausener! 2/3 des Gerüstes war bereits am ersten Tag aufgebaut. Ich baute aber noch eine weitere Woche herum, um es wirklich für meine Zwecke, d.h. mit der benötigten 3 m Breite und teilweisen 6m Höhe, nutzen zu können. Der Clou waren die Aufhängungen für die 3 Flaschenzüge, die ja zum Hochhieven der riesigen Balken benötigt wurden. Trickreich musste ich das Gerüst durch eine Wendeltreppe durchfädeln; die Treppe wollte ich eigentlich als erstes abbauen, konnte es aber nicht, da die Geländer-Verschraubungen angerostet waren, und es einen erheblichen Aufwand bedeutet hätte, diese Verschraubungen zu lösen und zu ersetzen. Das alles konnte mit den sehr variablen Gerüstteilen realisiert werden. Einzelheiten für das tolle Gerüst sind in diesem getrennten Bericht beschrieben, aber auch in den folgenden Bildern zu erkennen.

 

Hier das Gerüst in voller Schönheit, ein Teil der Trittbohlen bereist abgebaut

Abbau der alten Konstruktion
Nach einigen Überlegungen, wie und wo ich mit dem Abbau beginnen sollte, malte ich mir teils gedanklich, teils schriftlich verschiedene Szenarien aus. Irgendwie musste es ja so sein, oben anfangen und nach unten langsam weiterarbeiten. Das musste gut überlegt sein, da ich mir ja die notwendige Trittfläche für die jeweiligen Abbaubereiche nicht voreilig verschwinden lassen durfte. Meine Devise bei dem weiteren Vorgehen war grundsätzlich: Ich bin Rentner, ich habe Zeit, lieber jeden weiteren Schritt dreimal überlegen, und Sicherheit zuerst. Vorweggesagt, diese Vorgehensweise hat sich bestens bewährt! Ich habe da zwar insgesamt fast 2 Monate "rumgemacht", mehr Zeit mit Überlegen gebraucht als mit tatsächlicher praktischer Arbeit, aber alles hat somit bestens ohne Unfall und Materialverlust hingehauen.
Erster Schritt war also, das Metallgeländer abzubauen, das hatte ich ja schon erwähnt. Zweiter Schritt war die Entfernung der Trittflächen aus Tropenholz. Hier war es natürlich klar, dass ich mich von Osten nach Westen durcharbeiten musste, sonst hätte ich mir die eigene Arbeitsfläche abgebaut. Die Trittbohlen, 235 x 12 x 6 mm stark, waren in die Querträger mit großen Nägeln geschlagen worden, mit Hammer und Brecheisen ließen sie sich mit relativ leicht lösen. Das folgende Bild zeigt den Balkon nach dem Abbau der Bohlen.

Die Hälfte der Trittbohlen ist abgebaut, Blick Richtung von unten in Richtung Osten (Oberpleis)

 

Blick von oben: Jetzt wurden die Schäden erst richtig erkennbar. Den oberen Teil des hinteren Trägerbalkens konnte ich mit bloßer Hand wegdrücken.

 

Hier noch einmal eine Nahansicht. Schlimm! Ohne das stabile Metallgeländer und der Treppe wäre die Holzkonstruktion sicherlich viel früher zusammengebrochen.

 

Hurra! Alle Trittbohlen und Querträger abgebaut. Die langen 9m-Träger und senkrechten Balken habe ich in 3 bis 4 Teile gesägt und mit Hand herunter geschmissen, um mir die Arbeit mit den Flaschenzügen zu ersparen. Rechts ist auch zu erkennen, wie das Gerüst durch die Wendeltreppe durchgefädelt wurde. Der Abbau ist fast geschafft.

 

Mit dem ersten Aufbauschritt wurde der erste 9m-Trägerbalken trickreich mit den Flaschenzügen durch die Gerüstteile "gefädelt" und dort erstmal geparkt. Erst dann konnten die senkrechten Trägerbalken auf die vorhandenen Betonfundamente bzw. Stahldornen gesetzt werden. Sie wurden mit Gerüstteilen in die genaue senkrechte Position fixiert. Hierbei hatte mich mein Sohn Alexander kräftig unterstützt.

 

Fundament 25 x 25 cm, Stahldorn und senkrechter Pfosten unten

 

 

Danach wurden die beiden anderen 9m-Balken mit den Flaschenzügen nach oben gehievt und provisorisch geparkt.
Im nächsten Schritt wurde der rechte 9m-Balken mit der Wasserwaage provisorisch in seine Soll-Position gehievt, um an den senkrechten Stützen eine Markierung anzubringen. Mit Säge, Hammer und Meißel wurden in die Stützen in Höhe der Markierungen etwa 3 cm tiefe Aussparungen eingearbeitet, in denen später die Querträger eingesetzt bzw. ruhen sollten. Dann wurden die 6 Stück 2,50m-Querträger in die vorhandenen Löcher in der Hauswand gesetzt, und auf der anderen Seite in die Aussparungen der senkrechten Stützen fixiert. Danach wurden durch die 3 Balken nach entsprechender Vorbohrung ein 16mm-Loch gebohrt, um einen Gewindebolzen 16mm x 40 cm durchführen zu können. Letztere wurde dann kräftig verschraubt. Das waren eigentlich die kritischsten Arbeiten des Aufbaues. Aber wie gesagt, ich habe erst 3 mal überlegt, dann erst markiert, noch mal nach gemessen, gesägt und gebohrt. Und alles hat gepasst.

 

Jetzt konnten die weiter oben geparkten 9m-Balken in ihre Soll-Position auf die Querträger gelegt und verschraubt werden. Somit war der schwierigste Teil, also der Rohbau, abgeschlossen. Der stolze Zimmermann ließ es sich nicht nehmen, sich mit seinem Werk ablichten zu lassen. Vor dem Auflegen der Trittbohlen wurden die nach oben schauenden Flächen aller Trägerbalken mit Bitumen gestrichen, dann darauf Teerpappe aufgebracht.

 

Jetzt konnte mit dem Auflegen der Trittbohlen begonnen werden. Zuerst hatte ich vor, diese auch komplett zu ersetzen. Anderseits waren sie als Tropenholz noch recht gut erhalten. So entschied ich, nur die stärker beschädigten und stark verzogenen Bohlen auszusondern und diese mit Leim/Verbundholz zu ersetzen. Ebenso sortierte ich die leicht verzogenen Bohlen nach Krümmungsrichtung, d.h., die benachbarten Bohlen hatten dann jeweils eine ähnliche Krümmung. Somit fiel die Krümmung optisch gesehen kaum auf. Die ehemalige Wetterseite der Bohlen, die teilweise schon leicht geschädigt war, verlegte ich jetzt auf die geschützte, trockenere Hausseite. Hier kommen die Bohlen aufgrund des großen Dachvorsprungs kaum mit Regen in Berührung. Natürlich wurden alle Bohlen vor dem Auflegen 2 mal mit Lasur gestrichen, dann erst mit je 2 Schrauben fixiert.

 

Natürlich überlegte ich mir, was im Vergleich zur alten Konstruktion beim Neubau verbessern könnte. Der Balkon sollte jetzt wenigstens die nächsten 30 Jahre halten. Fachleute klärten mich auf, dass Holz auf Holz unweigerlich zu einem Nässestau führt, und dort der Fäulnisprozess am ehesten eintritt. In der Tat waren die senkrechten Teile der alten Konstruktion, an der das Wasser glatt abfließen konnte, völlig unbeschädigt. Der Holzfachhandel empfahl mir die Verwendung von Abstandshaltern. Das sind Kunststoff-Teile 8 x 8 mm, die zwischen die Auflageflächen der Trittbohlen und Trägerbalken gelegt werden. Dieses Material kommt auf Rollen (siehe Bild oben), und ich schnitt mir diese in 10 cm lange Stücke, passend zur Breite der Trägerbalken.

 

Diese Kunststoff-Teile sind hier ersichtlich, also zwischen Trittbohlen (oben) und Trägerbalken (hinten). Weiterhin bestrich ich die oberen Flächen der Trägerbalken mit Bitumen, und darauf kam noch mal Teerpappe. Ich hatte nämlich festgestellt, dass sich in den Trägerbalken feine Risse gebildet haben, die natürlich auch Regenwasser aufnahmen und die Fäulnis beschleunigten. Mit diesen 4-fachen Maßnahmen, also Anstrich mit Holzlasur, Bitumen, Teerpappe und Kunststoff-Abstandhaltern sollte der Balkon eigentlich 100 Jahre halten, oder?

 

Als fünfte zusätzliche Maßnahme brachte ich noch eine Stütze unterhalb der Trägerbalken an, um die 16mm-Bohrungen des senkrechten Pfostens zu entlasten. Die obigen wiederverwendeten alten Trittbohlen erscheinen hier etwas krumm und schief am Ende, aber aufgrund der vorherigen Sortierung sieht die Trittoberfläche doch sehr eben aus, siehe Bild unten.

 

Kosten des Balkonbaus

Die Holzteile haben ca. € 1400.- gekostet. Farbe, Schrauben, Gewindebolzen, Kunststoff-Abstandhalter und andere Kleinteile machten noch mal ca. € 600 aus, also summa summarum ca. € 2000.- Das Ganze natürlich ohne Geländer und Wendeltreppe, die ich ja schon vorher hatte und nur streichen musste. Ich schätze mal, dass ich ca. € 10.000.- berappen hätte müssen, wenn ich einen Zimmerei-Betrieb damit beauftragt hätte. Wegen der schwierigen Hanglage und Nichteinsetzbarkeit eines Hebekrans sowie mehrfachen Holzbehandlung mit Lasur war der Balkonbau doch sehr arbeitsintensiv. Der Selbstbau bescherte dem Rentner nicht nur eine höchstinteressante und sinnvolle Beschäftigung, sondern auch noch € 8000.-, die nicht ausgegeben werden mussten.

 

Und zum Abschluss

Zum Abschluss noch mal ein Bild des fertigen Gesamt-Meisterstückes, nach Montage des frisch gestrichenen Geländers und Holzbank, mit dem Zimmermann-Meister Karl und seinem Gesellen Alexander. Wir danken dem HERRN, dass alles hervorragend ohne Unfall geklappt hat, und ich mit meinen 66 Lenzen alles mit bester Gesundheit durchgestanden habe.